The Morgan Library & Museum, New York, MS M.638 / Bibliothèque nationale de France, Paris, Ms. Nouv. Acq. Lat. 2294 / The Getty Museum, Los Angeles, Ms Ludwig 16 83. M.A. 55
Kreuzritterbibel | Bilderbibel Ludwigs des Heiligen
Für den französischen König Ludwig IX., den Heiligen, um 1250 geschaffen, gibt diese Bibel fast ausschließlich in Bildern die alttestamentarische Geschichte bis zu König David wieder. Besonders wichtig war Ludwig wohl die Darstellung kriegerischer Szenen, um seinen Kreuzzugsgedanken zu unterstreichen.
Kreuzritterbibel | Bilderbibel Ludwigs des Heiligen
Ludwig IX. von Frankreich – der Auftraggeber der Kreuzritterbibel
Auch die neueste Forschung weiß nur wenig über die zu ihrer Zeit höchst außergewöhnliche Bibliothek des großen Königs. Die Kreuzritterbibel ist unter den vielen Codices, die Ludwig in Auftrag gegeben und besessen hat, zweifellos ein Höhepunkt. Darin sind jene Kreuzzugsideen, die Ludwigs Herrschaft und seine Politik prägten, in höchster künstlerischer Vollendung ausgedrückt. Die biblischen Kämpfe um die Eroberung des Heiligen Landes werden in allen Details der Kostüme, Rüstungen und Waffen für das 13. Jahrhundert aktualisiert, und der Betrachter hat den Eindruck, Frankreichs allerchristlichsten König selbst als Kämpfer und Sieger zu erkennen.
Bewegte Geschichte – weltweit
Die Bilderbibel Ludwigs des Heiligen entstand um 1250 in einem Pariser Atelier. Den Genuss des Betrachters sollten keine Texte stören. Erst um 1300 fügte man auf den freien Rändern lateinische Texte hinzu, die das Bildgeschehen kurz zusammenfassen. Das geschah vermutlich in Neapel im Auftrag Karls von Anjou, eines Verwandten Ludwigs. Dann verschwindet der Codex im Dunkel der Geschichte, um erst 300 Jahre später wieder aufzutauchen: im Besitz des Kardinals Bernhard Maciejowski, des Bischofs von Krakau. Dieser gab das Prachtwerk im Jahre 1604 einer Abordnung als Geschenk mit, die der Papst an den persischen Schah Abbas sandte, um über ein gemeinsames Vorgehen gegen die siegreichen Türken zu verhandeln.
Kreuzritterbibel | Bilderbibel Ludwigs des Heiligen
The Morgan Library & Museum, New York, MS M.638 / Bibliothèque nationale de France, Paris, Ms. Nouv. Acq. Lat. 2294 / The Getty Museum, Los Angeles, Ms Ludwig 16 83. M.A. 55
Ein prachtvolles Bilderbuch
Unter den großen Schätzen der Pierpont Morgan Library in New York befindet sich eine Bilderhandschrift, die in 283 oft monumentalen Bildern die Geschichte des Alten Testaments erzählt, von der Erschaffung der Welt bis zur Geschichte König Davids. Die Kreuzritterbibel besticht durch reiche, raffinierte Goldauflagen, die die Leuchtkraft der Farben noch intensivieren. Dieses Manuskript diente dem französischen König Ludwig IX., dem Heiligen, als Bilderbibel, als großformatige Chronik biblischer Ereignisse. Detailreich und gänzlich ohne Text wurden die Inhalte dargestellt: die Schöpfung der Welt, gerechte Kriege und das Wirken der bedeutendsten Personen des Alten Testaments. Besonders wichtig waren dem begeisterten Kreuzfahrer Ludwig wohl die kriegerischen Szenen, um seinen Kreuzzugsgedanken zu unterstreichen und einen zusätzlichen Ansporn, aber auch einen Leitfaden zur Eroberung des Heiligen Landes zu geben.
Der Schah hatte offenbar großes Interesse an den Miniaturen, denn er ließ Bilderläuterungen in persischer Sprache hinzufügen; auch ließ er drei Blätter, die, heute in Paris und Malibu, alle Stürme der Zeit überstanden haben, entfernen. Auf diesen Blättern war nämlich der Aufstand Absaloms gegen seinen Vater geschildert – offensichtlich hielt der Schah solch antikönigliche Lektüre für seine Söhne als ungeeignet. Weiß man doch, dass er diese, aus Angst, sie wären beim Volk zu beliebt, blenden und töten ließ. Das weitere Schicksal der Handschrift ist nicht genau bekannt. Es muss eine Hand des 17. Jahrhunderts gewesen sein, die den persischen Text ins Hebräische übersetzt hat. Erst wieder im 19. Jahrhundert sind die weiteren Besitzer bekannt: von einem Griechen namens Joannes Athanasiou ersteigerte Sir Thomas Philipps das Manuskript, von dessen Erben es John Pierpont Morgan 1916 erworben hat. Ebenso spannend wie die weltweite Wanderung der Kreuzritterbibel ist ihre künstlerische Herkunft.
Ein außergewöhnliches Kunstwerk außergewöhnlicher Künstler
Bereits die frühesten Beschreibungen weisen zu Recht darauf hin, dass die 283 Bilder ähnlich monumental wirken wie Wandmalereien. In den auf miniaturisierte Formen spezialisierten Buchmalerateliers im Paris der Jahre um 1250 gibt es nichts Vergleichbares. Somit liegt der Gedanke nahe, die Künstler nicht unter den Buchmalern, sondern unter jenen großen Meistern zu suchen, die gerade zu jener Zeit die herrlichen Wand- und Glasmalereien der Sainte-Chapelle in Paris ausführten. Sie wurde 1248 geweiht. Insgesamt sechs Maler waren an der Illumination der Kreuzritterbibel beteiligt. Die Miniaturen unterscheiden sich nicht nur im Stil und Duktus, sondern auch in der Farbgebung voneinander. Besonders deutlich sind die Differenzierungen bei der reichen Verwendung von Gold. Leuchtendes Blattgold wechselt immer wieder mit matt gedämpftem Pinselgold unterschiedlicher Intensität und Struktur. Somit erhält jedes Bild und jede Seite der herrlichen Handschrift einen besonderen, eigenen Charakter.
Ein Meisterwerk der Gotik als Meisterwerk der Faksimilierkunst
Die auf weltweit 980 Exemplare streng limitierte Faksimile-Edition der Kreuzritterbibel Ludwigs des Heiligen im Format von 39,0 x 29,5 cm vereint erstmals seit bald 400 Jahren wieder alle 92 Seiten der Handschrift, also die Bilderbibel der Pierpont Morgan Library in New York mit den Blättern der Bibliothèque nationale de France in Paris und des J. Paul Getty Museums in Malibu. Die originalgetreue Faksimilierung berücksichtigt auch die unterschiedlichsten Goldarten der Handschrift in einer bis ins kleinste Detail gehenden Genauigkeit. Der Originaleinband ist über die Jahrhunderte verloren gegangen. Die Bodleian Library in Oxford ist jedoch im Besitz einer Handschrift, die im königlichen Auftrag etwa zur gleichen Zeit wie die Kreuzritterbibel entstanden ist und die noch den prachtvollen gotischen Originaleinband besitzt; dieser diente als Vorbild für den Faksimile-Einband.
Der Kommentarband
Verfasser des Kommentarbandes, der Ihnen die vielfältige Kunst und Geschichte der Handschrift näherbringt, ist Prof. Daniel Weiss, Johns Hopkins University, Baltimore, der heute beste Kenner der Handschrift. Auch William Voelkle, Kurator der Pierpont Morgan Library, verfasste Beiträge zur Handschrift. Im Kommentarband werden auch die lateinischen, persischen und hebräischen Texte für den Benutzer lesbar gemacht. Dies lässt interessante Akzentverschiebungen in der Kommentierung der Bilder sichtbar werden.